Mittwoch, 31. März 2021

 Mittwoch in der Karwoche


Die Lesung ist aus Jesaja, 50, 4-9:


4 GOTT, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern, / damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. 
Jeden Morgen weckt er mein Ohr, / damit ich höre, wie Schüler hören. 
5 GOTT, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. / Ich aber wehrte mich nicht / und wich nicht zurück. 
6 Ich hielt meinen Rücken denen hin, / die mich schlugen, 
und meine Wange denen, / die mir den Bart ausrissen. 
Mein Gesicht verbarg ich nicht / vor Schmähungen und Speichel.
7 Und GOTT, der Herr, wird mir helfen; / darum werde ich nicht in Schande enden. 
Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel; / ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.
8 Er, der mich freispricht, ist nahe. / Wer will mit mir streiten? 
Lasst uns zusammen vortreten! / Wer ist mein Gegner im Rechtsstreit? / Er trete zu mir heran. 
9 Siehe, GOTT, der Herr, wird mir helfen. / Wer kann mich für schuldig erklären? 
Siehe, sie alle zerfallen / wie ein Gewand, das die Motten zerfressen.



M. Wetzel

Dienstag, 30. März 2021

 Dienstag in der Karwoche


Die Lesung am Dienstag in der Karwoche ist das zweite der 'Gottesknechtslieder' aus dem Propheten Jesaja:


49 1 Hört auf mich, ihr Inseln, / merkt auf, ihr Völker in der Ferne! 
Der HERR hat mich schon im Mutterleib berufen; / als ich noch im Schoß meiner Mutter war, hat er meinen Namen genannt. 
2 Er machte meinen Mund wie ein scharfes Schwert, / er verbarg mich im Schatten seiner Hand. 
Er machte mich zu einem spitzen Pfeil / und steckte mich in seinen Köcher. 
3 Er sagte zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, / an dem ich meine Herrlichkeit zeigen will. 
4 Ich aber sagte: Vergeblich habe ich mich bemüht, / habe meine Kraft für Nichtiges und Windhauch vertan. 
Aber mein Recht liegt beim HERRN / und mein Lohn bei meinem Gott. 
5 Jetzt aber hat der HERR gesprochen, / der mich schon im Mutterleib zu seinem Knecht geformt hat, 
damit ich Jakob zu ihm heimführe / und Israel bei ihm versammelt werde. 
So wurde ich in den Augen des HERRN geehrt / und mein Gott war meine Stärke. 
6 Und er sagte: 
Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, / nur um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten / und die Verschonten Israels heimzuführen. 
Ich mache dich zum Licht der Nationen; / damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht. 
(Jesaja 49, 1-6)



M. Wetzel

Sonntag, 28. März 2021

Evangelium und Predigt zum Palmsonntag

Hier können Sie das Evangelium vom Einzug Jesu in Jerusalem (Mk 11,1-10) sowie die Predigt von Diakon Jörg Riebold aus dem Gottesdienst um 11.00 Uhr in St. Josef nachhören:
 
 

 



Samstag, 27. März 2021

Palmsonntag / Karwoche

 

Der Einzug Jesu in Jerusalem ist ein Spektakel, ein großes Erlebnis: Jesus ist am Ziel seines Weges gekommen. „Sie haben das Ziel erreicht“ würde unser Navi sagen.

Am Ziel in Jerusalem aber wird sich zeigen, wer Jesus ist. Großes steht ihm noch bevor - das ahnen nur viele, die Jesus heute zujubeln, nicht so richtig.  


 

 

 Ganz großes Kino

Es gibt Texte in der Bibel, die sind für mich als eingefleischten Cineasten „ganz großes Kino“: Wenn ich sie höre oder lese, stellen sich sofort lebendige Bilder ein. Und ziemlich weit vorne steht da bei mir die biblische Geschichte zum heutigen Palmsonntag. Der Evangelist Markus, dessen Texte wir in diesem Kirchenjahr hören, erzählt sie so:

„Es war einige Tage vor dem Paschafest.

Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Bétfage und Betánien am Ölberg, schickte Jesus zwei seiner Jünger aus. Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet das Fohlen los und bringt es her!

Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht es; er lässt es bald wieder zurückbringen.

Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße ein Fohlen angebunden und sie banden es los.

Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, das Fohlen loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren.

Sie brachten das Fohlen zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus, andere aber Büschel, die sie von den Feldern abgerissen hatten.

Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen:
Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!
Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt.
Hosanna in der Höhe!“

(Mk 11, 1–10)

Ein Mann auf einem Esel, die ihm zujubelnde Menge, die sogar ihre Kleidung und Zweige auf den Weg wirft - das ist für mich wie in einem großen Film - wirklich großes Kino!

„Und der Oscar für den besten Nebendarsteller geht an …!“

Im April findet zum 93. Mal die Oscar-Verleihung statt. Der Oscar ist der bekannteste Filmpreis der Filmindustrie Und dafür möchte ich heute noch jemanden in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“ nominieren: Den Esel!
Denn der Esel hat am Palmsonntag eine im wörtlichen Sinn „tragende Rolle“ und sollte meiner Meinung nach im Rampenlicht stehen.

Esel waren damals beliebte Transporttiere. Sie kommen in vielen Erzählungen der Bibel vor – denken Sie nur an die Weihnachtskrippe! Der Esel ist mit seinem Kollegen, dem Ochsen, fester Bestandteil im Stall zu Bethlehem – er gehört zum Jesuskind, zur Heiligen Familie und den Hirten.

Später, auf der Flucht vor König Herodes nach Ägypten, dient der Esel der Heiligen Familie als Lasttier

Auch taucht der Esel in der Bibel versteckt auf – so zum Beispiel bei der Erzählung vom „Barmherzigen Samariter“. Dieser leistet am Opfer eines Raubüberfalls Erste Hilfe: Er „hob ihn auf sein Tier, um ihm in eine Herberge zu bringen.“
Das Tier war bestimmt ein Esel!

Und das zeigt, warum der Esel für mich insgesamt der beste Nebendarsteller ist!

Jesus wechselt, bevor er nach Jerusalem kommt, sein Fortbewegungsmittel:
Vorher war Jesus mit seinen Jüngern zu Fuß unterwegs; am Palmsonntag sitzt er auf dem Rücken eines Esels. Diesen Wechsel hat Jesus sorgfältig organisiert und inszeniert.

In den kommenden Tagen folgen dramatischere, abgründigere Ereignisse:
Das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern, seine Gefangennahme und der Prozess, Jesu Tod am Kreuz, seine Grabesruhe ‒ und schließlich die glückliche Wende: seine Auferstehung.

Doch die Geschichte vom Palmsonntag hat ihren eigenen Reiz:
Jesus schickt zwei Jünger los, um ein Eselfohlen zu holen. Er tut das ganz souverän, denn Jesus weiß, dass im Dorf ein Esel wartet - und es ist ganz klar, dass der Besitzer ihm dieses Tier überlässt. Da gibt es keinen Widerspruch!

Erstaunlich:  Sonst ist es immer Jesus, der gibt. Die Eselaktion ist eine absolute Symbolhandlung – mit biblischem Hintergrund: Jesus kommt auf einem Esel: Der gerechte König, der hilft, der Waffen zerstört und Frieden bringt. Das ist sein Erkennungszeichen - nicht die Krone und das Schwert!

Jesus wird bejubelt - doch nur kurze Zeit – dann ist er der „Anti-König“. Nur wenige Tage später ruft die Menge „Kreuzige ihn“. Aus der ersten Begeisterung ist blanker Hass geworden - was ist da geschehen?

Die Stimmung der Öffentlichkeit ist wankelmütig. In Zeiten von Social Media würde man das heute so ausdrücken: Vor kurzem noch unglaublich viele Likes, dann ein vernichtender Shitstorm: Daumen hoch und Daumen runter liegen ganz dicht beieinander – das kennen wir alle!.

Am Palmsonntag beginnt eine Woche voll Triumph und Leiden: Am Beginn der triumphale Einzug von Jesus auf dem Esel, dann ein dunkler Tag: Der Karfreitag, an dem in Leiden und Tod das letzte Wort zu haben scheinen. Aber -zum Glück – nur bis zum Ostermorgen, an dem Gott Jesus auferweckt hat!

Mit diesen Gedanken wünsche ich Ihnen allen, dass Sie den Weg durch diese Karwoche mit Jesus gut gehen können!

„Hosanna, dem Sohne Davids“

Jörg Riebold, Diakon

(Foto: privat)

Montag, 22. März 2021

 Bußgottesdienst vor Ostern


Am Sonntag fand in der St. Josefskirche der Bußgottesdienst unter dem Motto: 'Blüh' auf, gefrorner Christ!' statt. 
Die Texte zum Bußgottesdienst können Sie hier abrufen.


Die Texte mit den Besinnungsfragen liegen auch in der Josefskirche aus und können dort abgeholt werden.

Die Lesung beim Bußgottesdienst war ein eher weniger bekannter Text aus dem Propheten Jesaja:

2 An jenem Tag gibt es einen begehrenswerten Weinberg. / Besingt ihn! 
3 Ich, der Herr, bin sein Wächter, / alle Augenblicke bewässere ich ihn. 
Damit niemand ihn heimsucht, / bewache ich ihn bei Nacht und bei Tag. 
4 Zorn hege ich nicht. / Fände ich Dornen und Disteln, 
würde ich im Kampf gegen sie einschreiten, / ich würde sie allesamt verbrennen! 
5 Außer man ergreift meinen Schutz, / schließt Frieden mit mir, ja Frieden mit mir. 
6 In künftigen Tagen schlägt Jakob Wurzel, / blüht und gedeiht Israel / und der Erdkreis füllt sich mit Früchten. (Jes 27, 2-6)

M. Wetzel

 Montag der 5. Fastenwoche




M. Wetzel

Samstag, 20. März 2021

5. Fastensonntag

 
    „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt…“

Das Evangelium vom 5. Fastensonntag verbreitet eine eigentümliche Stimmung.
Es beginnt mit der Schilderung der letzten öffentlichen Rede Jesu, die von kurzen Rufen durch das Volk unterbrochen wird, und es endet mit einer Selbstoffenbarung Jesu und einer Hinführung zur Passion. Mitten hinein dazwischen hören wir das Bildwort vom Weizenkorn, das sterben muss, um Frucht zu bringen.
Dieses Bildwort ist uns wohlbekannt.
Wir singen dieses Wort gerne:

Das Weizenkorn muss sterben, sonst bleibt es ja allein; der eine lebt vom andern, für sich kann keiner sein. Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.

So gab der Herr sein Leben, verschenkte sich wie Brot. Wer dieses Brot genommen, verkündet seinen Tod. Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.

Wer dies Geheimnis feiert, soll selber sein wie Brot; so lässt er sich verzehren von aller Menschennot. Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben.

Als Brot für viele Menschen hat uns der Herr erwählt; wir leben füreinander, und nur die Liebe zählt. Geheimnis des Glaubens: im Tod ist das Leben. (GL 210)

Wenn wir Samen oder Körner einsäen sterben sie biologisch eigentlich nicht. Vielmehr findet durch Luft, Wasser und Sonne eine Verwandlung, eine Transformation statt. Dieses Bild aus der Landwirtschaft – damals noch gut bekannt – stellt uns Jesus vor Augen, um uns anschaulich zu erklären, dass sein Tod nicht das Ende, sondern eben auch so eine Verwandlung, Transformation zu neuem Leben ist.
Er selbst wird durch den Tod zur Auferstehung gehen und so dem Leben eine neue Gestalt geben.
Ich habe auf der Homepage des Bistums Limburg gelesen: „Ohne das eigene Loslassen, kann nichts Neues wachsen“.
Jesus hat sein Leben losgelassen, um neues Leben für uns alle zu ermöglichen.
Dieser Gedanke des Loslassens trifft unsere Zeit an einem wunden Punkt.
Gesellschaftlich, politisch und kirchlich gesehen, kann es kein „weiter so“ geben.
Wir müssen loslassen.
Es hilf nicht rückwärtsgewandt zu denken und zu leben:
„Nur was sich ändert, bleibt bestehen.“ (Johann W. von Goethe)
„Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ (Sprichwort aus China)
Wenn Jesus uns zur Nachfolge ruft, dann nicht um seine Botschaft in den Kirchen zu konservieren, sondern sie in die heutige Zeit zu übersetzen, neue Wege zu suchen, sie allen Menschen zu bringen, egal welchen Geschlechts, welchen Standes, welcher Hautfarbe, welcher geschlechtlichen Orientierung…
Auferstehung bedeutet immer auch Neubeginn, Aufbruch und vielleicht sogar Aufstand! Aufstand gegen alles was lähmt, blockiert, verletzt, ausgrenzt, wertet…
Vielleicht können wir uns mit diesem Evangelium heute auch selbst hinterfragen:
Was muss in mir alles „sterben“, was muss ich alles loslassen, damit ich, damit andere wirklich leben können?
Alte Gewohnheiten, enges, ausgrenzendes Denken, Wertungen über andere, starres Beharren, weil es schon immer so war, Egoismus…
Jesus zeigt uns den Weg des Loslassens: wenn ich mein Leben in Liebe einsetze, dann wird es Frucht tragen
Oder wie es im Lied heißt: „wir leben füreinander, und nur die Liebe zählt.“

Jesus,
du warst mit deinem ganzen Leben
wie ein Weizenkorn,
voller Kraft, voller Leben, voller Liebe.
Du hast dich ausgesät, du hast dich verschenkt.
Dabei hast du aus der Kraft der Liebe gelebt die von Anfang an dir inne war.
Auch ich habe von Gott Anteil
an dieser Kraft und Liebe.
Lass sie mich leben, lass mich wachsen.
Lass mich mein Ich loslassen,
mich hergeben und verschenken.
Lass mich zu Brot werden für meine Nächsten.
Amen
(Bistum Limburg)

Ich wünsche Ihnen, dass Sie Loslassen können, dass Sie neue Wege gehen können, dass Sie den Menschen immer über Vorschriften und Gewohnheiten stellen, dass Sie mit Ihrer Liebe Frucht bringen.

Einen von Gott gesegneten Sonntag und eine fruchtbare neue Woche,
Ihre Sabine Hansen, Pastoralreferentin

Freitag, 19. März 2021

 19. März - Fest des Heiligen Josef, Bräutigam der Gottesmutter



Dieses Relief an der Nordfassade der St. Josefskirche auf dem Lindenhof zeigt den alttestamentlichen Josef, den Sohn Jakobs, von dem im Buch Genesis erzählt wird, dass er sich in jungen Jahren mit seinen Träumen in große Schwierigkeiten brachte (Genesis 37, 9ff): der Traum dass die Sonne, der Mond und 11 Sterne sich vor ihm niederwerfen, zieht ihm den Hass seiner Brüder zu, was dann dazu führt, dass er nach Ägypten als Sklave verkauft wird - aber letztlich hat Gott einen guten Plan: in Ägypten erringt Josef nach vielen Abenteuern eine einflussreiche Position und kann schließlich seine Familie in einer Hungersnot retten. Der Künstler, der dieses Relief gestaltet hat, wollte den alttestamentlichen Josef in Beziehung setzen zu Josef, dem Bräutigam Marias: hier erscheinen die im Alten Testament angelegten Motive sozusagen in gereinigter und erhöhter Form: der Traum des neutestamentlichen Josef ist nicht mehr von Überheblichkeit und Selbstüberhöhung belastet, sondern Josef bekommt  im Matthäusevangelium den Auftrag, sich selbstlos in den Dienst Marias und ihres Kindes zu stellen. Nach Ägypten zieht er nicht mehr, um Karriere zu machen, sondern als verfolgter Flüchtling vor dem König Herodes, als Beschützer der Heiligen Familie. Wie in der Geschichte aus dem Alten Testament läuft es darauf hinaus, dass der gute Plan Gottes gelingen soll - jetzt aber nicht nur für eine Familie, sondern in Jesus Christus für die ganze Menschheit.

M. Wetzel

Donnerstag, 18. März 2021

 Kurzpredigt vom 18.3.2021


Hier aus der Werktagsmesse in der St. Josefskirche: Evangelium und Kurzpredigt. (Ich bitte um Entschuldigung, dass die Kurzpredigt etwas unvermittelt abbricht- die Batterie des Aufnahmegerätes war zu Ende.)

M. Wetzel

Samstag, 13. März 2021

 Besinnung zur 4. Fastenwoche


"Ich will das gar nicht sehen!" So geht es mir bei manchen Bildern in den Nachrichten, die mir zu grausam und zu erschreckend sind. Es gibt Meldungen, da würde ich mir am liebsten die Ohren zuhalten, die Augen verschließen und schnell weiterschalten. Wenn ich ein Kreuz sehe, kommen mir manchmal auch trauernde Gedanken. Der Körper Jesu, blutend und geschunden, von anderen Menschen ans Kreuz geschlagen. Einfach nur schrecklich und furchtbar, was Menschen einander antun können! Am liebsten würde ich wegschauen. Und doch sagt etwas in mir: "Schau hin! Lauf nicht weg, sondern stell dich der Realität. Sieh dem Gekreuzigten ins Gesicht!"

Schmerzhaftes zu verdrängen ist eine normale menschliche Reaktion, ein Schutzmechanismus, der an manchen Stellen sehr sinnvoll sein kann. Dennoch ist es keine Lösung, immer nur wegzuschauen und dem Leid auszuweichen. Niemandem ist damit geholfen. Im Gegenteil: Damit sich etwas zum Guten verändern kann, ist es notwendig, die Dinge so anzuerkennen, wie sie wirklich sind. Ich brauche den Mut, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen, sie bei Licht zu betrachten. Das kann auch manchmal zeitintensiv sein. Doch nur auf diesem Weg kann sich etwas zum Guten verändern, kann etwas heilsam werden.

Der tote Körper Jesu als Zeichen für das entsetzliche Leid so vieler Unschuldiger – Für mich steht dahinter die Botschaft: "Schau hin! Verschließe deine Augen nicht vor dem, was schmerzhaft ist, sondern schau die Welt und dich selbst mutig und ohne Furcht an, auch dann wenn es schmerzt." Denn nur was ich angenommen und akzeptiert habe, kann auch geheilt werden. Jesus ist vor der Realität nicht davongelaufen, sondern er hat am Kreuz alles Leid und alle Schuld auf sich genommen und dadurch Erlösung gebracht. Ihm kann ich diese Welt und mein Leben anvertrauen, im festen Glauben, dass er nicht gekommen ist, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten. 
In diesem Wissen, dass Jesus auch mir persönlich Erlösung schenkt kann ich die Fastenzeit und die momentane Situation für mich selbst besser hinnehmen.


Gemeindereferentin Sandra Nitsche

Samstag, 6. März 2021

 Ein großes Jubiläum: 1700 Jahre Sonntagsgebot

...nur: wann hat Kaiser Konstantin das Edikt, das die Sonntagsruhe seither bestimmt und regelt, erlassen: Am Dienstag, 3. März oder Samstag, 7. März 321? Im Studium vor 35 jahren lernte ich, dass es am 7. März war - dafür gibt es auch heute noch viele Veröffentlichungen, die das vertreten, aber auch viele, die den 3. März angeben. 

Im Codex Justinianum, Corpus Iuris Civilis 2 Codex Iustinianus 3, 12, 2. steht: 

Imperator Constantinus. Omnes iudices urbanaeque plebes et artium officia cunctarum venerabili die solis quiescant. ruri tamen positi agrorum culturae libere licenterque inserviant, quoniam frequenter evenit, ut non alio aptius die frumenta sulcis aut vineae scrobibus commendentur, ne occasione momenti pereat commoditas caelesti provisione concessa.
„Kaiser Konstantin. Alle Richter und Einwohner der Städte und die Dienstleistungen aller Gewerbe sollen am verehrungswürdigen Tage der Sonne ruhen. Doch die Landleute sollen frei und ungehindert Ackerbau betreiben, da es ja häufig geschieht, dass kein anderer Tag besser geeignet ist, das Getreide den Ackerfurchen oder die Weinstöcke den Setzköchern anzuvertrauen, damit nicht der durch himmlische Vorsehung gegebene Vorteil bei der günstigen Gelegenheit eines Moments verlorengeht.“

Es ist für die Geschichte nicht ausschlaggebend, ob es nun am 3. oder 7. März erlassen wurde - Konstantins Edikt an sich ist es, das das Leben der Menschen seit 1700 bestimmt. "Ohne Sonntage gibt es nur noch Werktage" ist der gängige Aphorismus unbekannter Herkunft. Die Sonntagsruhe ist ein großer Schatz - in jeglicher Hinsicht für uns. Die Vorsitzenden der großen Kirchen und aller kirchlichen Gemeinschaften in der ACK haben  zum 1700 Jahre - Jubiläum diesen umfassenden und aktuellen Text geschrieben:


Der Sonntag unterbricht den Alltag, gibt dem Leben Rhythmus, schafft individuelle Freiräume, verbindet Menschen und fördert das Gemeinwohl. Im Bewusstsein vieler Menschen ist der Sonntag daher als wichtiges und schützenswertes „Kulturgut“ tief verankert.

Wie sehr Menschen eine „Struktur der Zeit“ brauchen, haben uns die Erfahrungen der Corona-Pandemie einmal mehr ins Bewusstsein gerufen: Die sonntäglichen Besuche bei der Verwandtschaft oder Angehörigen im Pflegeheim konnten nicht stattfinden, die Fußballmannschaft der Tochter durfte nicht mehr spielen, Gottesdienstbesuche waren gar nicht oder nur unter strengen Auflagen möglich. Der Sonntag gibt eigentlich Gelegenheit zur gemeinsam frei gestalteten Zeit. So gut wie jeder von uns muss sich aber in der Pandemie von Gewohntem und Geschätztem, mitunter sogar Notwendigem, verabschieden. Zugleich verschwimmt mehr und mehr der für uns Menschen wichtige Rhythmus zwischen Arbeits- und Freizeiten durch Homeoffice, mobiles Arbeiten oder asynchrone Arbeitszeiten. Digitale Transformation wird nicht nur das Arbeiten verändern, sie wird auch den Sonntag verändern, das Miteinander, die Begegnungen, das gemeinsame Feiern, Leben – und womöglich uns selbst. Denn: Die Seele braucht die Unterbrechung des Alltags. Und der Sonntag ist so ein Tag zum Abschalten, im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
 
1.700 Jahre Schutz des Sonntags. Inmitten der Pandemieerfahrungen unterbricht uns nun dieses Jubiläum, lässt uns innehalten, um den Wert des arbeitsfreien Sonntags zu würdigen: Der Sonntag ist in Artikel 140 unseres Grundgesetzes als Tag „der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ gesetzlich geschützt. Der zweite Aspekt ist auch ein Hinweis auf die religiösen Wurzeln des Sonntags: Für Christinnen und Christen hat der Sonntag seine herausragende Bedeutung als Tag der Auferstehung Jesu Christi. Der sonntägliche Gottesdienst steht daher im Mittelpunkt des Lebens der Kirche. Die ersten staatlichen Maßnahmen zum Schutz dieses religiös motivierten Feiertags reichen weit zurück: Vor 1.700 Jahren verfügte der römische Kaiser Konstantin I. den dies solis (= Tag der Sonne) zum reichsweiten Feiertag und stellte ihn unter besonderen Schutz. Dieser 3. März 321 gilt als der erste Moment staatlicher Sonntagsschutzgesetzgebung.

Auch andere Religionen, wie zum Beispiel der Islam und das Judentum, kennen und feiern wöchentlich wiederkehrende Tage der Ruhe, Besinnung und Feier. Die christliche Tradition eines gemeinsamen, regelmäßig wiederkehrenden Ruhetags entstammt dem Schabbat des Judentums, mit dem wir als Christen so zentrale Texte wie die Schöpfungsgeschichte und die Zehn Gebote gemeinsam haben. In einem Jahr, in dem wir ebenfalls 1.700 Jahre Judentum in Deutschland feiern dürfen, wollen wir daran erinnern, dass neben vielen anderen Werten und Traditionen auch der Tag ohne Arbeit ein Geschenk der jüdisch-christlichen Tradition an alle Menschen ist. Unter den christlichen Denominationen feiert beispielsweise die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten den Schabbat.

Den Tag ohne Arbeit können allerdings nicht alle in Anspruch nehmen. Zahlreiche Menschen arbeiten, um die Grundversorgung für alle Menschen aufrechtzuerhalten und unaufschiebbaren Bedürfnissen zu begegnen. So sind in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, im Nahverkehr, an Tankstellen, in der Strom- oder Wasserversorgung, im Nachrichtenwesen und vielen anderen Bereichen zahlreiche Menschen trotz des Sonntags beschäftigt. Auch in Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen arbeiten Menschen für den Sonntagsgenuss anderer. Diese Tätigkeiten sind keine Selbstverständlichkeiten und sollten auch nicht als solche betrachtet werden. Menschen, die sich trotz des Sonntags oder für den Sonntag betätigen, verdienen unsere Wertschätzung und eine besondere Form der Vergütung oder des Dankes, wenn sie ihre Sonntagsruhe aufgeben, um sie anderen zu ermöglichen. Sonntagsarbeit ist allerdings keine reguläre Arbeit. Daher sollten Berufsgruppen, die sonntags arbeiten, eng umgrenzt werden, Ausnahmen nur zurückhaltend und auf das absolut Notwendigste beschränkt gewährt werden.
 
Der Sonntag ist kein gewöhnlicher Tag und darf es auch nicht werden. Ohne Arbeit kann der Mensch nicht leben, sie ist notwendig. Doch ist der Mensch nicht für die Arbeit da, sondern umgekehrt. Das betont auch Papst Franziskus: „Der arbeitsfreie Sonntag – mit Ausnahme der notwendigen Dienstleistungen – besagt, dass die Priorität nicht im wirtschaftlichen, sondern im menschlichen Bereich liegt, in der Unentgeltlichkeit, nicht in kommerziellen, sondern in familiären, freundschaftlichen Beziehungen, für die Gläubigen in der Beziehung zu Gott und zur Gemeinschaft. Vielleicht ist der Augenblick gekommen, uns zu fragen, ob die Sonntagsarbeit eine wahre Freiheit ist.“
 
Jeder und jedem von uns kommt die Aufgabe eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Zeit zu. Durch unser eigenes Tun und Lassen entscheiden wir Menschen darüber, welchen Wert und welche Qualität der Sonntag für uns hat. Wie der Staat aufgerufen ist, den arbeitsfreien Sonntag zu schützen und dessen Erosion zu verhindern, so sind wir alle aufgerufen, dafür zu sorgen, dass wir aufgrund des Strebens nach vermeintlicher Freiheit nicht unsere tatsächliche Freiheit aufgeben, die wir in der segensreichen Errungenschaft eines gemeinsamen arbeitsfreien Sonntags besitzen. Denn der Sonntag ist für den Menschen da. Und – wie es Albert Schweitzer formulierte – „wenn Deine Seele keinen Sonntag hat, dann verdorrt sie“. 

Das Jubiläum fällt in die Fastenzeit - darf es dann nur mit fastenzeitlicher Zurückhaltung gefeiert werden. Nein, die andere, die Sonntage der Fastenzeit regelnde kirchliche (liturgische) Bestimmung lautet: Die Sonntage und deren Vorabende unterbrechen die Fastenzeit.

Einen schönen gesegneten Sonntag!

Pastoralreferent Stefan Mayer

Montag, 1. März 2021

 Christi Himmelfahrt Predigt und Orgelspiel aus der Vorabendmesse M. Wetzel