Samstag, 27. März 2021

Palmsonntag / Karwoche

 

Der Einzug Jesu in Jerusalem ist ein Spektakel, ein großes Erlebnis: Jesus ist am Ziel seines Weges gekommen. „Sie haben das Ziel erreicht“ würde unser Navi sagen.

Am Ziel in Jerusalem aber wird sich zeigen, wer Jesus ist. Großes steht ihm noch bevor - das ahnen nur viele, die Jesus heute zujubeln, nicht so richtig.  


 

 

 Ganz großes Kino

Es gibt Texte in der Bibel, die sind für mich als eingefleischten Cineasten „ganz großes Kino“: Wenn ich sie höre oder lese, stellen sich sofort lebendige Bilder ein. Und ziemlich weit vorne steht da bei mir die biblische Geschichte zum heutigen Palmsonntag. Der Evangelist Markus, dessen Texte wir in diesem Kirchenjahr hören, erzählt sie so:

„Es war einige Tage vor dem Paschafest.

Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Bétfage und Betánien am Ölberg, schickte Jesus zwei seiner Jünger aus. Er sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; gleich wenn ihr hineinkommt, werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet das Fohlen los und bringt es her!

Und wenn jemand zu euch sagt: Was tut ihr da?, dann antwortet: Der Herr braucht es; er lässt es bald wieder zurückbringen.

Da machten sie sich auf den Weg und fanden außen an einer Tür an der Straße ein Fohlen angebunden und sie banden es los.

Einige, die dabeistanden, sagten zu ihnen: Wie kommt ihr dazu, das Fohlen loszubinden? Sie gaben ihnen zur Antwort, was Jesus gesagt hatte, und man ließ sie gewähren.

Sie brachten das Fohlen zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und er setzte sich darauf. Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg aus, andere aber Büschel, die sie von den Feldern abgerissen hatten.

Die Leute, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten, riefen:
Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!
Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt.
Hosanna in der Höhe!“

(Mk 11, 1–10)

Ein Mann auf einem Esel, die ihm zujubelnde Menge, die sogar ihre Kleidung und Zweige auf den Weg wirft - das ist für mich wie in einem großen Film - wirklich großes Kino!

„Und der Oscar für den besten Nebendarsteller geht an …!“

Im April findet zum 93. Mal die Oscar-Verleihung statt. Der Oscar ist der bekannteste Filmpreis der Filmindustrie Und dafür möchte ich heute noch jemanden in der Kategorie „Bester Nebendarsteller“ nominieren: Den Esel!
Denn der Esel hat am Palmsonntag eine im wörtlichen Sinn „tragende Rolle“ und sollte meiner Meinung nach im Rampenlicht stehen.

Esel waren damals beliebte Transporttiere. Sie kommen in vielen Erzählungen der Bibel vor – denken Sie nur an die Weihnachtskrippe! Der Esel ist mit seinem Kollegen, dem Ochsen, fester Bestandteil im Stall zu Bethlehem – er gehört zum Jesuskind, zur Heiligen Familie und den Hirten.

Später, auf der Flucht vor König Herodes nach Ägypten, dient der Esel der Heiligen Familie als Lasttier

Auch taucht der Esel in der Bibel versteckt auf – so zum Beispiel bei der Erzählung vom „Barmherzigen Samariter“. Dieser leistet am Opfer eines Raubüberfalls Erste Hilfe: Er „hob ihn auf sein Tier, um ihm in eine Herberge zu bringen.“
Das Tier war bestimmt ein Esel!

Und das zeigt, warum der Esel für mich insgesamt der beste Nebendarsteller ist!

Jesus wechselt, bevor er nach Jerusalem kommt, sein Fortbewegungsmittel:
Vorher war Jesus mit seinen Jüngern zu Fuß unterwegs; am Palmsonntag sitzt er auf dem Rücken eines Esels. Diesen Wechsel hat Jesus sorgfältig organisiert und inszeniert.

In den kommenden Tagen folgen dramatischere, abgründigere Ereignisse:
Das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern, seine Gefangennahme und der Prozess, Jesu Tod am Kreuz, seine Grabesruhe ‒ und schließlich die glückliche Wende: seine Auferstehung.

Doch die Geschichte vom Palmsonntag hat ihren eigenen Reiz:
Jesus schickt zwei Jünger los, um ein Eselfohlen zu holen. Er tut das ganz souverän, denn Jesus weiß, dass im Dorf ein Esel wartet - und es ist ganz klar, dass der Besitzer ihm dieses Tier überlässt. Da gibt es keinen Widerspruch!

Erstaunlich:  Sonst ist es immer Jesus, der gibt. Die Eselaktion ist eine absolute Symbolhandlung – mit biblischem Hintergrund: Jesus kommt auf einem Esel: Der gerechte König, der hilft, der Waffen zerstört und Frieden bringt. Das ist sein Erkennungszeichen - nicht die Krone und das Schwert!

Jesus wird bejubelt - doch nur kurze Zeit – dann ist er der „Anti-König“. Nur wenige Tage später ruft die Menge „Kreuzige ihn“. Aus der ersten Begeisterung ist blanker Hass geworden - was ist da geschehen?

Die Stimmung der Öffentlichkeit ist wankelmütig. In Zeiten von Social Media würde man das heute so ausdrücken: Vor kurzem noch unglaublich viele Likes, dann ein vernichtender Shitstorm: Daumen hoch und Daumen runter liegen ganz dicht beieinander – das kennen wir alle!.

Am Palmsonntag beginnt eine Woche voll Triumph und Leiden: Am Beginn der triumphale Einzug von Jesus auf dem Esel, dann ein dunkler Tag: Der Karfreitag, an dem in Leiden und Tod das letzte Wort zu haben scheinen. Aber -zum Glück – nur bis zum Ostermorgen, an dem Gott Jesus auferweckt hat!

Mit diesen Gedanken wünsche ich Ihnen allen, dass Sie den Weg durch diese Karwoche mit Jesus gut gehen können!

„Hosanna, dem Sohne Davids“

Jörg Riebold, Diakon

(Foto: privat)

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