Montag, 30. November 2020

 

Adventsbesinnung: Montag, 30. November,

Fest des Apostels Andreas

Das Evangelium von heute passt gut zum Anfang der Adventszeit und zum Fest des Apostels Andreas, das die Kirche am 30. November feiert:

18 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen gerade ihr Netz in den See, denn sie waren Fischer. 19 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 20 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. 21 Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie 22 und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach. (Mat 4, 18-22)

Andreas gehört also zu den ersten Jüngern Jesu; nach dem Johannesevangelium war er sogar der Erste, der von Jesus gerufen wurde und der dann seinen Bruder Simon auch zu Jesus führte. Das Fest des Apostels Andreas hat auch eine ökumenische Bedeutung: es wird gemeinsam von orthodoxen und katholischen Christen am 30.11. gefeiert; Andreas hat (als Patron von Konstantinopel) für die orthodoxen Kirchen eine ähnliche Bedeutung wie Petrus für die römisch-katholische Kirche.

Zu Beginn des Advents lädt der Blick auf die ersten Jüngerberufungen ein, sich persönlich zu fragen: wie steht es mit meiner eigenen Geschichte mit Jesus? Höre ich seine Stimme, seine gute Einladung? Bin ich bereit, mit ihm einen Weg zu gehen? Kann ich vielleicht sogar andere zu dieser Weggemeinschaft einladen?


Allmächtiger Gott,

du hast deiner Kirche

den heiligen Apostel Andreas

als Boten des Glaubens und als Hirten gegeben.

Erhöre unser Gebet

und gib, dass auch die Kirche unserer Tage

die Macht seiner Fürsprache erfahre.

Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,

der in der Einheit des Heiligen Geistes

mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.


Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Beginn der ersten Adventswoche.

M. Wetzel


Sonntag, 29. November 2020

 

Das Markusevangelium - Infos und Erklärungen 2


Warum eigentlich vier Evangelien?

Ist es nicht merkwürdig, dass die frühe Kirche uns gleich vier Berichte über Jesus überliefert hat – die vier Evangelien nach Matthäus, Markus und Johannes? Wäre es der Klarheit und Eindeutigkeit der Glaubensverkündigung nicht zugute gekommen, wenn es nur eine Erzählung über die Taten und Worte Jesu geben würde? Immerhin gibt es ja eine ganze Reihe von Unterschieden und kleinen Abweichungen zwischen den vier Evangelien. Und gerade im Blick auf das Markusevangelium stellt sich die Frage: Wozu braucht es dieses Evangelium? Der größte Teil des Stoffes aus dem Markusevangelium findet sich auch bei Matthäus und Lukas. Und dann gibt es ja noch eine ganze Reihe anderer Evangelienschriften aus der Zeit der frühen Christenheit – das Thomasevangelium, ein Evangelium, das besonders Geschichten vom jungen Jesus berichtet und einige andere. Warum wurden sie nicht ins Neue Testament aufgenommen?

Ich denke, die Christen im ersten Jahrhundert haben heftig über diese Fragen gestritten. Und ich bin froh, dass sie sich entscheiden haben, uns gerade diese vier Evangelien zu überliefern, die wir heute in der Bibel finden. Sie sagen uns damit: es gibt viele Wege, zu Jesus zu finden und von ihm zu erzählen. Es geht nicht um den Buchstaben eines Buches, sondern um die lebendige, faszinierende Gestalt des Jesus von Nazareth. Es kommt nicht darauf an, dass seine Worte und Taten von allen mit dem gleichen Wortlaut erzählt werden, sondern darauf, dass sein Geist uns erfüllt, dass er lebendig bei uns ist. Es ist allerdings keine beliebige Geschichte, die man willkürlich ändern und ausgestalten könnte. Die vier Evangelien geben uns verlässlich den Glauben und die Überlieferung der ersten Christen wieder. 

Es ist richtig, dass wir fast jeden Vers aus dem Markusevangelium – oft in etwas anderer Formulierung – auch im Matthäusevangelium finden, und den größten Teil auch bei Lukas. Trotzdem hat es einen guten Sinn, dass uns das Markusevangelium als eigene Schrift überliefert ist. Es hat seine ganz eigene Sicht auf Jesus und seine Jünger und es ist nach nahezu übereinstimmender Ansicht der heutigen Bibelwissenschaftler das früheste Evangelium.


Die Beschäftigung mit einem Buch der Bibel soll nie nur in vergangene Zeiten blicken. Das Markusevangelium macht uns Mut, die eigne, ganz persönliche Geschichte mit Jesus zu entdecken.


M. Wetzel


Adventsbesinnung: Sonntag, 29. November, 1. Advent

Im neuen Kirchjahr werden wir am Sonntag in der Regel Abschnitte aus dem Markusevangelium hören. Am 1. Advent ist es der Schluss des 13. Kapitels, des ‚apokalyptischen‘ Kapitels bei Markus.

In jener Zeit, sprach Jesus zu seinen Jüngern:
33Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.
34Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.
35Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.
36Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen.
37Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam! (Mk 13, 33-37)

Im Judentum der Zeit Jesu und der letzten 150 Jahre zuvor gab es eine reich entwickelte apokalyptische Literatur. Dabei ging es immer wieder um die ‚letzten Dinge‘: um das Gericht Gottes, und um die Katastrophen, die diesen großen Tag des Herrn einleiten sollten. Es fällt auf, dass diese apokalyptische Redeweise typisch für die Armen, die Entrechteten war: sie mussten erleben, dass die Mächtigen über sie hinweggingen, dass ihre Nöte keine Beachtung fanden, dass sie ihre Hoffnung allein auf ein wunderbares Eingreifen Gottes setzen konnten.

Diese Hoffnung Israels nimmt Jesus auf. Bei ihm geht es nicht um eine Spekulation über das Datum oder die Umstände des Weltendes, sondern darum, dass die ‚apokalyptische Situation‘ das Leben der Jüngerinnen und Jünger insgesamt prägen soll: sie sollen nicht auf die Pläne der Reichen und Mächtigen vertrauen, sondern den Schrei der Armen hören, sollen wach und aufmerksam leben, immer bereit, dem Herrn zu begegnen. Die nüchterne Bereitschaft, heute das Notwendige zu erkennen, heute so zu leben, als ob morgen Jesus wiederkommt, prägt die christliche Ethik. 

Dazu ein Zitat aus einem Bibelkommentar:

Christliche Lehrer und Prediger sind oft erschrocken über Markus 13 und andere apokalyptische Passagen aus dem Neuen Testament. Das ist deshalb so, weil die Begriffe und Bilder sehr fremd erscheinen und weil diese Texte im Laufe der Jahrhunderte von "falschen Messias und falschen Propheten" missbraucht wurden, um Menschen zu manipulieren und sie sogar zu destruktiven Handlungen zu bewegen. Dennoch spielt Markus 13, wie diese Interpretation zu zeigen versucht hat, eine wichtige Rolle in der christlichen Theologie und im christlichen Leben und sollte ernst genommen werden.

Der erste Schritt zum Abbau von Vorurteilen gegenüber der Apokalyptik besteht darin, ihre literarischen Konventionen zu würdigen, insbesondere ihre Wiederverwendung von Bildern und Mythen aus dem Alten Testament im neuen Kontext der zukünftigen Entfaltung von Gottes Plan. Der nächste Schritt besteht darin, die historischen Umstände zu würdigen, unter denen die jüdischen und christlichen Apokalypsen als "Literatur der Enteigneten" verfasst wurden. Der dritte Schritt besteht darin, zu versuchen, die bleibende theologische Bedeutung zu erfassen, die ein apokalyptischer Text wie Markus 13 haben könnte.

Markus 13 wendet sich mit den Konventionen der Apokalyptik an Christen, die um des Namens Jesu willen gelitten haben und noch mehr erwarten können. Diese Menschen stellten im römischen Reich eine winzige Minderheit dar und setzten ihre Hoffnung auf Rechtfertigung notwendigerweise auf Gott. In der apokalyptischen Vision fanden sie einen Grund für Jesu Leiden und ihr eigenes ("es ist notwendig") sowie die Verheißung, dass ihr Leiden bald in Herrlichkeit enden würde (so wie sie glaubten, dass das Leiden Jesu es tat). Die Sprache der jüdischen Apokalyptik - das Reich Gottes, Messias und Menschensohn, Auferstehung, das jüngste Gericht - lieferte viele ihrer wichtigsten theologischen Ideen. Die Überzeugung, dass die Welt verwandelt werden würde und dass sie mit dem auferstandenen Jesus in Herrlichkeit herrschen würden, gab ihnen einen Horizont der Hoffnung, vor dem sie ihre gegenwärtigen Leiden deuten konnten, und das Beharren auf ständiger Wachsamkeit half ihnen, Bedeutung und ethische Ausrichtung ihres Handelns in der Gegenwart zu finden.

 

Aus: DONAHUE, JOHN R. ; HARRINGTON, DANIEL J. ; HARRINGTON, D. J. (ed.): The Gospel of Mark, Sacra Pagina Series. vol. 2. Collegeville, MN : The Liturgical Press, 2002


 

 

 

 

 

Im Tagesgebet der Messe beten wir:

Herr, unser Gott, alles steht in deiner Macht;
du schenkst das Wollen und das Vollbringen.
Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit Christus entgegengehen
und uns durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten,
damit wir den Platz zu seiner Rechten erhalten,
wenn er wiederkommt in Herrlichkeit.
Er, der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.

Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit!

Pfarrer Martin Wetzel


Samstag, 28. November 2020

Das Markusevangelium - Infos und Erklärungen 1


Ein bisschen Statistik:
Das Markusevangelium ist das kürzeste der 4 Evangelien. Es umfasst 673 Verse in 16 Kapiteln: insgesamt 11.286 Wörter im griechischen Text. Das längste Evangelium ist das Lukasevangelium (19.446 Wörter)
Das häufigste Substantiv bei Markus ist der Name "Jesus": er kommt 82mal vor. Das häufigste Verb ist "légo"(deutsch: sagen, reden): es kommt 204mal vor.

Die Kürze des Markusevangeliums lädt dazu ein, diese Schrift des Neuen Testaments nicht nur 'häppchenweise' in den Sonntagsevangelien zu hören, sondern es einmal am Stück zu lesen. Dadurch wird der Zusammenhang der einzelnen Teile besser bewusst.

M. Wetzel

 Es geht weiter im Blog...

Im Advent werden Sie hier an jedem Tag eine kurze Besinnung finden.

Außerdem werde ich im Blog Infos und Erklärungen zum Markus-Evangelium posten, das uns im neuen Kirchenjahr in den Sonntagsevangelien begleiten wird.

M. Wetzel

 Christi Himmelfahrt Predigt und Orgelspiel aus der Vorabendmesse M. Wetzel