Sonntag, 12. Juli 2020

15. Sonntag im Jahreskreis



Impuls zum 15. Sonntag im Jahreskreis


1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. 2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer. 3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. 
Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen. 4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; 6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. 8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
9 Wer Ohren hat, der höre!
10 Da traten die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?
11 Er antwortete ihnen: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen; ihnen aber ist es nicht gegeben.
12 Denn wer hat, dem wird gegeben und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
13 Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen und hören und doch nicht hören und nicht verstehen. 14 An ihnen erfüllt sich das Prophetenwort Jesajas: Hören sollt ihr, hören und doch nicht verstehen; / sehen sollt ihr, sehen und doch nicht einsehen. 15 Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden. / Mit ihren Ohren hören sie schwer / und ihre Augen verschließen sie, / damit sie mit ihren Augen nicht sehen / und mit ihren Ohren nicht hören / und mit ihrem Herzen / nicht zur Einsicht kommen / und sich bekehren und ich sie heile.
16 Eure Augen aber sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören.
17 Denn, amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört. (Mat 13, 1-17)

Das Gleichnis vom Sämann leitet die dritte große Rede Jesus im Matthäusevangelium ein: Die Gleichnisrede. Bei den Gleichnissen Jesu handelt es sich nicht nur um eine Methode, die Botschaft bildhaft und anschaulich darzustellen. Es geht um eine Notwendigkeit: die Botschaft vom anbrechenden Gottesreich kann nur so gesagt werden. Denn diese Botschaft kann nicht wie irgendeine menschliche Weisheit gelehrt und verstanden werden. Sie fordert den Hörer unmittelbar zu einer Antwort heraus. Jesus und die ersten Jünger machten die Erfahrung, dass diese Botschaft, auch wenn sie öffentlich gesagt und weithin zugänglich ist, doch eine verschlüsselte, codierte Botschaft ist, zu der Viele keinen Zugang finden. Nicht, weil Jesus nicht wollte, dass alle ihn verstehen, sondern weil wir selbst uns dem richtigen Verstehen verschließen. Aber was ist dann der richtige Code, der Schlüssel zum Verständnis der Botschaft? Gerade in der Gleichnisrede wird deutlich: der Schlüssel ist nicht irgendein verborgenes, geheimes Wissen, der Schlüssel liegt im Leben, in der Existenz der Menschen. ‚Eure Augen sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören.‘ Der Schlüssel für das Verständnis ist die Jüngerschaft, die Nachfolge Jesu. Wer mit ihm unterwegs ist, lernt zu verstehen, worum es ihm geht – wer sich nicht auf den Weg macht, kann ihn nur missverstehen. 
Das Bild von dem vierfach verschiedenen Acker, auf den der Samen fällt, hat einen mahnenden und einen tröstlichen Aspekt: mahnend, indem es uns klar macht, dass es nicht reicht, das Wort äußerlich zu hören, sich aber nicht wirklich auf den Weg Jesu zu machen. Tröstend, indem es deutlich macht, dass trotz all unserer Unzulänglichkeit das Wort Gottes am Ende reiche Ernte einbringen wird. 

Auch im Tagesgebet der Messe wird das Bild vom Weg aufgegriffen:

Gott, du bist unser Ziel,
du zeigst den Irrenden das Licht der Wahrheit
und führst sie auf den rechten Weg zurück.
Gib allen, die sich Christen nennen, die Kraft,
zu meiden, was diesem Namen widerspricht
und zu tun, was unserem Glauben entspricht.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, 
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.  

Ich wünsche Ihnen einen frohen, gesegneten Sonntag!

Pfarrer Martin Wetzel

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 Christi Himmelfahrt Predigt und Orgelspiel aus der Vorabendmesse M. Wetzel