Sonntag, 23. August 2020

 21. Sonntag im Jahreskreis




Impuls zum 21. Sonntag im Jahreskreis


Im Evangelium vom heutigen Sonntag hören wir das Bekenntnis des Petrus zu Jesus als dem Messias, dem Sohn des lebendigen Gottes, und das Verheißungswort Jesu an Petrus:

In jener Zeit,
13 als Jesus in das Gebiet von Cäsaréa Philíppi kam,
fragte er seine Jünger und sprach:
Für wen halten die Menschen den Menschensohn?
14 Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer,
andere für Elíja, wieder andere für Jeremía oder sonst einen Propheten.
15 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber,
für wen haltet ihr mich?
16 Simon Petrus antwortete und sprach:
Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!
17 Jesus antwortete und sagte zu ihm:
Selig bist du, Simon Barjóna;
denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart,
sondern mein Vater im Himmel.
18 Ich aber sage dir:
Du bist Petrus – der Fels –
und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen
und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
19 Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben;
was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein,
und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.
20 Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei. (Mat 16, 13-20)

Wir erfahren hier das Entscheidende über Jesus, über die Kirche, und über Petrus. Damit sind wir an einer zentralen Stelle des Matthäusevangeliums angelangt. Der Glaube wird hier ganz konkret: Nicht irgendeine der großen Prophetengestalten des Alten Bundes wiederholt sich in Jesus, sondern Simon Petrus bekennt sich dazu, dass er in diesem Menschen, der vor ihm steht, den Messias, den Sohn des lebendigen Gottes erkennt. Die große Hoffnung Israels hat nun ein Gesicht bekommen, Gott selber wird erkennbar im Blick auf Jesus von Nazareth. Jesus antwortet dem Petrus mit einer genauso konkreten Aussage: nicht in irgendeiner beliebigen Form wird seine Botschaft weitergegeben werden, sondern die neue Versammlung des Gottesvolkes – seine Kirche – wird ein konkretes Fundament haben: Petrus. Dieser Kirche wird Dauerhaftigkeit zugesagt: Die ‚Pforten der Unterwelt‘ – also die Macht des Todes – sollen sie nicht überwältigen. 
Die Auslegung der Verheißung an Petrus ist bis heute auch ein Streitpunkt zwischen den Konfessionen. Die katholische Kirche sieht hier nicht nur die persönliche Rolle des Simon Petrus angesprochen, sondern das Petrusamt, den Petrusdienst, die an die Nachfolger des Petrus weitergegeben werden bis zu unserem derzeitigen Papst. Natürlich lagen die späteren kirchengeschichtlichen Entwicklungen noch außerhalb des Horizonts des Evangelisten Matthäus. Aber der Sinn der Worte Jesu geht doch deutlich in die Richtung, dass er seine Lehre, seine Vollmacht hier in die Hände des Petrus legt – und bestimmt nicht will, dass seine Kirche nach dem Tod des Petrus ohne Führung, ohne Fundament, ohne einen Garanten der Einheit bleibt. Dieses Evangelium erinnert uns daran, dass die Nachfolge Jesu nicht im Allgemeinen und Abstrakten bleiben kann. Sie muss sich auf die konkreten Menschen, die Brüder und Schwestern an unserer Seite, einlassen. Sie steht in der konkreten Gemeinschaft mit der weltweiten Kirche und wird nicht von einer Idee oder einem Prinzip zusammengehalten, sondern von einer konkreten Person, die in der Vollmacht Jesu handelt: vom Nachfolger des Petrus, dem Bischof von Rom. 

Im Tagesgebet der Messe beten wir:

Gott, unser Herr, du verbindest alle, die an dich glauben,
zum gemeinsamen Streben.
Gib, dass wir lieben, was du befiehlst,
und ersehnen, was du uns verheißen hast,
damit in der Unbeständigkeit dieses Lebens
unsere Herzen dort verankert seien,
wo die wahren Freuden sind.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen. 

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

Pfarrer  Martin Wetzel

Sonntag, 16. August 2020

 20. Sonntag im Jahreskreis


Hier finden Sie die Predigt vom 15. August zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel.


Impuls zum 20. Sonntag im Jahreskreis


Das Evangelium vom heutigen Sonntag erzählt von dem Wunder, das Jesus auf Bitten einer heidnischen Frau wirkt:

In jener Zeit 21 zog sich Jesus in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück.

22Und siehe, eine kanaanäische Frau aus jener Gegend kam zu ihm

und rief: Hab Erbarmen mit mir, Herr, du Sohn Davids!

Meine Tochter wird von einem Dämon gequält.

23Jesus aber gab ihr keine Antwort. Da traten seine Jünger zu ihm und baten: Schick sie fort,

denn sie schreit hinter uns her!

24Er antwortete: Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt.

25Doch sie kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir!

26Er erwiderte:

Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.

27Da entgegnete sie: Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen,

die vom Tisch ihrer Herren fallen.

28Darauf antwortete ihr Jesus:

Frau, dein Glaube ist groß. Es soll dir geschehen, wie du willst. Und von dieser Stunde an

war ihre Tochter geheilt. (Mat 15, 21-28)

Am Ende sagt Jesus: „Frau, dein Glaube ist groß.“ Das steht in betontem Gegensatz zum „Kleinglauben“, der öfters den Jüngern bescheinigt wird. Dieses Evangelium kann uns einladen, darüber nachzudenken, wie wir dieses Wort ‚Glaube‘ verstehen können. Im Zusammenhang der Begegnung Jesu mit der heidnischen Frau bedeutet ‚Glaube‘ offensichtlich ganz und gar nicht ein passives Geschehenlassen oder nur eine stille Ergebung in Gottes Willen. Die heidnische Frau lässt sich nicht abweisen: sie argumentiert, ja sie streitet mit Jesus. Und Jesus weist dies keineswegs als unpassend oder ungehörig ab. Man gewinnt den Eindruck, dass er geradezu froh darüber ist, dass sie ihm ein Argument an die Hand gibt, das es ihm erlaubt, ihrer Tochter doch zu helfen. 

Für uns kann das bedeuten: ‚Glaube‘ kann auch in unserem Leben viele Formen annehmen. Dazu gehört auch die leidenschaftliche Auseinandersetzung mit Gott, der Ärger und das Unverständnis, das wir vor ihm ausbreiten. Gott weist unsere Argumente nicht zurück. Am Ende erweist sich seine Liebe und Barmherzigkeit immer als größer, als wir für möglich gehalten haben. 


Das Tagesgebet der heutigen Messe lautet:


Barmherziger Gott, was kein Auge geschaut und kein Ohr gehört hat,

das hast du denen bereitet, die dich lieben.

Gib uns ein Herz,

das dich in allem und über alles liebt,

damit wir

den Reichtum deiner Verheißungen erlangen,

der alles übersteigt, was wir ersehnen.

Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott, 

der in der Einheit des Heiligen Geistes 

mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.


 Ich wünsche Ihnen einen frohen, gesegneten Sonntag!


Pfarrer Martin Wetzel


Sonntag, 9. August 2020

 19. Sonntag im Jahreskreis

Impuls zum 19. Sonntag im Jahreskreis


Auch an diesem Sonntag hören wir im Evangelium von einer Wundertat Jesu:

22 Gleich darauf drängte Jesus die Jünger, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. 23 Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um für sich allein zu beten. Als es Abend wurde, war er allein dort. 24 Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind.
25 In der vierten Nachtwache kam er zu ihnen; er ging auf dem See.
26 Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. 27 Doch sogleich sprach Jesus zu ihnen und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!
28 Petrus erwiderte ihm und sagte: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme!
29 Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und kam über das Wasser zu Jesus. 30 Als er aber den heftigen Wind bemerkte, bekam er Angst. Und als er begann unterzugehen, schrie er: Herr, rette mich!
31 Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
32 Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind.
33 Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, Gottes Sohn bist du. (Mat 14, 22-33)

Die Begegnung der Jünger mit Jesus mitten auf dem See findet sich ähnlich auch im Markusevangelium und im Johannesevangelium. Nur bei Matthäus lesen wir aber die Episode von Petrus, der Jesus zunächst auf dem Wasser entgegengeht und dann, als er Angst bekommt, unterzugehen droht und von Jesus gerettet wird. Es ist ganz typisch für den Evangelisten Matthäus, dass die Jünger Jesu nicht wie bei Markus einfach als unverständig und noch ohne Glauben gekennzeichnet werden. Vielmehr werden die Jünger im Matthäusevangelium immer wieder ‚kleingläubig‘ genannt – das ist nicht nur eine abwertender Ausdruck, sondern auch die Anerkennung, dass da schon ein Anfang des Glaubens gemacht ist, dass die Jünger auf dem Weg sind, Jesus richtig kennenzulernen und zu verstehen. Für diesen Lernprozess der Jünger steht hier Petrus stellvertretend: Wir können uns in ihm wiedererkennen – sowohl in der Freude über die Begegnung mit Jesus und im raschen Vertrauen auf ihn, wie auch im ängstlichen Starren auf die eigenen begrenzten Möglichkeiten. Der Ruf des Petrus: ‚Herr, rette mich!‘ ist der Ruf jedes Jüngers und jeder Jüngerin Jesu: Unser Glaube ist nicht ein fester Besitzt, sondern ein immer neues auf-Jesus-Zugehen, ein immer neues Einüben des Vertrauens zu ihn, ein immer neues Ergreifen seiner rettenden Hand.


Im Tagesgebet der Messe lesen wir:

Allmächtiger Gott, wir dürfen dich Vater nennen,
denn du hast uns an Kindes statt angenommen
und uns den Geist deines Sohnes gesandt.
Gib, dass wir in diesem Geist wachsen
und einst das verheißene Erbe empfangen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen, gesegneten Sonntag!

Pfarrer Martin Wetzel

Sonntag, 2. August 2020

18. Sonntag im Jahreskreis



Impuls zum 18. Sonntag im Jahreskreis


Das Wunder der Brotvermehrung, von dem wir im Evangelium vom heutigen Sonntag hören, hat eine besondere Stellung im Neuen Testament: als einziges Wunder Jesu wird es von allen vier Evangelisten berichtet. Und es ist eingebunden in eine Fülle von Mahl-Erzählungen, die offenbar ganz typisch für Jesus waren. Am Ende wird er alles, was er seiner Gemeinde hinterlassen wird, im Letzten Abendmahl zusammenfassen. 

13 Als Jesus das hörte, zog er sich allein von dort mit dem Boot in eine einsame Gegend zurück. Aber die Volksscharen hörten davon und folgten ihm zu Fuß aus den Städten nach.
14 Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen und heilte ihre Kranken. 15 Als es Abend wurde, kamen die Jünger zu ihm und sagten: Der Ort ist abgelegen und es ist schon spät geworden. Schick die Leute weg, damit sie in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen! 16 Jesus aber antwortete: Sie brauchen nicht wegzugehen. Gebt ihr ihnen zu essen! 17 Sie sagten zu ihm: Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische hier.
18 Er antwortete: Bringt sie mir her!
19 Dann ordnete er an, die Leute sollten sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten 20 und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Brotstücke ein, zwölf Körbe voll.
21 Es waren etwa fünftausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder. (Mat 14, 13-21)

Unmittelbar vor dem Wunder der Brotvermehrung wird im 14. Kapitel des Matthäusevangeliums von einem anderen Mahl erzählt: von dem Festmahl des Herodes, einem üppig-ausschweifenden Mahl, das am Ende zu einer Gewalttat an einem Unschuldigen führt: zur Ermordung Johannes‘ des Täufers. Diese beiden Mahlfeiern stehen in scharfem Kontrast: Herodes feiert sich selbst und seine Macht mit dem, was dem armen  und unterdrücken Volk abgepresst wurde. Jesus feiert fern von den Reichen und Mächtigen mit Menschen, die nicht mehr als ein paar Brote und Fische dabei haben. Fülle entsteht bei seinem Mahl nicht durch Raub und Gewalt, sondern durch Gottes freies Geschenk. Beim Mahl des Herodes kreisen Menschen, die keine Zukunft haben, um sich selbst – beim Mahl Jesu wird das neue Gottesvolk versammelt, so wie einst das Volk Israel sich beim Weg durch die Wüste als Bundesvolk Gottes versammeln konnte. 
Wir müssen uns fragen lassen: bei welchem Mahl bin ich zu Hause, wo feiere ich die Feste meines Lebens? Mit Herodes oder mit Jesus? Nur wenn wir uns von den Gewalt- und Unrechtsstrukturen dieser Welt distanzieren, wenn wir an der Seite der Armen das Fest mit Jesus feiern, können wir an seiner Fülle Anteil haben.


Im Tagesgebet der Messe beten wir:

Gott, unser Vater, steh deinen Dienern bei
und erweise allen, die zu dir rufen,
Tag für Tag deine Liebe.
Du bist unser Schöpfer
und der Lenker unseres Lebens.
Erneuere deine Gnade in uns, damit wir dir gefallen,
und erhalte, was du erneuert hast.
Darum bitten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unseren Herrn und Gott,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir lebt und herrsch in alle Ewigkeit. Amen.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und eine gute sommerliche Zeit,

Pfarrer Martin Wetzel


 Christi Himmelfahrt Predigt und Orgelspiel aus der Vorabendmesse M. Wetzel