Sonntag, 24. Mai 2020

Impuls zum 7. Sonntag in der Osterzeit




Die Lesung des 7. Sonntags der Osterzeit ist aus dem 1. Kapitel der Apostelgeschichte:

12 Dann kehrten sie von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.
13 Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus.
14 Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.

Eine Ur-Szene von Kirche wird hier dargestellt: die erste Gemeinde, einmütig im Gebet versammelt mit den Aposteln und mit Maria. Christliche Gemeinde soll das Beste und Schönste von Gott selbst erwarten: das ist der Sinn des einmütigen, inständigen Gebets: Offenheit für Gottes Wirken, Bereitschaft, seinen Heiligen Geist zu empfangen. Die Apostel werden namentlich aufgeführt: Jesus hat sie als Verkörperung seiner Absicht gerufen, das Gottesvolk neu zu versammeln. Es geht nicht um eine abstrakte Idee, es geht um die Versammlung konkreter Menschen. Es ist eine verletzte Gemeinschaft: einer fehlt, Judas, der Verräter. Andere, selbst Petrus, haben Jesus noch vor kurzem verleugnet. Die Kirche steht in der Nachfolge dieser verletzten Gemeinschaft – aber auch unter dem Auftrag Jesu, auch in unserer Zeit das Gottesvolk zu versammeln. Die Erwähnung Marias schlägt den Bogen ganz zum Anfang des Evangeliums: Sie steht nicht für irgendwelche menschlichen Vorzüge, sondern für ihr ‚Ja‘ zu den Plänen Gottes.
Im Evangelium lesen wir aus den Abschiedsreden Jesu, im 17. Kapitel des Johannesevangeliums:

1 Dies sprach Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! 2 Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. 3 Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. 4 Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. 5 Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war!
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. 7 Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. 8 Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. 9 Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10 Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. 11 Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir.
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!

In diesem Abschnitt aus dem Johannesevangeliums wird uns dasselbe, was wir in der Apostelgeschichte als Erzählung gehört haben, gewissermaßen aus der Innenperspektive dargestellt: ein dramatisches Spiel zwischen Gott dem Vater – Jesus, seinem Sohn – dem Heiligen Geist – und den Menschen, die zu Jesus gehören. Ein Spiel, bei dem ein Begriff immer wieder auftaucht: Herrlichkeit – Verherrlichung.
In der Sprache der Bibel bedeutet „Verherrlichen“ hier etwa: eine Person ins recht Licht setzen. Sie so sehen, wie Gott es will. ‚Herrlichkeit‘ meint Göttliches Licht, das alles mit neuer Klarheit erfüllt. Gott der Vater verherrlicht den Sohn – er beglaubigt den Lebensentwurf des liebenden, leidenden, sterbenden Jesus. Jesus verherrlicht den Vater: er ermöglicht uns erst, Gott recht zu erkennen, ihm als dem liebenden Vater zu vertrauen. Durch seine Gemeinde wird Jesus verherrlicht: Sie bezeugt ihn vor der Welt. Und auf die Menschen, die sich auf dieses göttliche Spiel der Verherrlichung einlassen, fällt dann selbst ein neues Licht: sie treten aus der Zufälligkeit und Nichtigkeit dieser Welt ein in die wunderbare Welt der Gnade und der Liebe Gottes. 

Ich wünsche Ihnen einen frohen Sonntag und die Gaben des Heiligen Geistes,

M. Wetzel

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 Christi Himmelfahrt Predigt und Orgelspiel aus der Vorabendmesse M. Wetzel