Donnerstag, 13. Mai 2021

 

Christi Himmelfahrt 2021

 

Um Himmelswillen,

himmlisch gut,

ach du lieber Himmel,

das mag der liebe Himmel wissen,

dem Himmel sei Dank

Himmel, Arsch und Zwirn,

im siebten Himmel sein,

aus allen Himmeln fallen,

das stinkt zum Himmel,

Himmeldonnerwetter,

aus heiterem Himmel,

Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt,

des Menschen Wille ist sein Himmelreich,

den Himmel auf Erden.

In unserer Sprache reden wir oft vom Himmel. Der Himmel scheint nicht nur ein Wort unserer Sprache zu sein, sondern damit auch ein Teil unseres Lebens. Mal scheint dabei der Himmel für uns Menschen weit weg zu sein, mal scheinen wir selber schon im Himmel zu sein.

 

Himmlisches Reich,

Vater unser im Himmel,

himmlischer Vater,

wie im Himmel, so auf Erden,

Mariä Aufnahme in den Himmel

Christi Himmelfahrt.

Auch in der Sprache unseres Glaubens und unseres Betens reden wir oft vom Himmel. Doch welchen Himmel meinen wir eigentlich damit und wo finden wir diesen Himmel?

 

Lesung Apg 1, 1–11

Dieser Jesus, der in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen

Lesung
aus der Apostelgeschichte.

1Im ersten Buch, lieber Theóphilus,
habe ich über alles berichtet,
was Jesus von Anfang an getan und gelehrt hat,
2bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde.
Vorher hat er den Aposteln,
die er sich durch den Heiligen Geist erwählt hatte,
Weisung gegeben.
3Ihnen hat er nach seinem Leiden
durch viele Beweise gezeigt, dass er lebt;
vierzig Tage hindurch ist er ihnen erschienen
und hat vom Reich Gottes gesprochen.
4Beim gemeinsamen Mahl gebot er ihnen:
Geht nicht weg von Jerusalem,
sondern wartet auf die Verheißung des Vaters,
die ihr von mir vernommen habt!
5Denn Johannes hat mit Wasser getauft,
ihr aber
werdet schon in wenigen Tagen
mit dem Heiligen Geist getauft werden.
6Als sie nun beisammen waren, fragten sie ihn:
Herr, stellst du in dieser Zeit
das Reich für Israel wieder her?
7Er sagte zu ihnen:
Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren,
die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat.
8Aber ihr werdet Kraft empfangen,
wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird;
und ihr werdet meine Zeugen sein
in Jerusalem und in ganz Judäa und Samárien
und bis an die Grenzen der Erde.
9Als er das gesagt hatte,
wurde er vor ihren Augen emporgehoben
und eine Wolke nahm ihn auf und entzog ihn ihren Blicken.
10Während sie unverwandt ihm nach zum Himmel emporschauten,
siehe, da standen zwei Männer in weißen Gewändern bei ihnen
11und sagten: Ihr Männer von Galiläa,
was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?
Dieser Jesus, der von euch fort
in den Himmel aufgenommen wurde,
wird ebenso wiederkommen,
wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.

Evangelium Mk 16, 15–20

Aus dem heiligen Evangelium nach Markus.

In jener Zeit erschien Jesus den Elf
15und sprach zu ihnen:
Geht hinaus in die ganze Welt
und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!
16Wer glaubt und sich taufen lässt,
wird gerettet;
wer aber nicht glaubt,
wird verurteilt werden.
17Und durch die, die zum Glauben gekommen sind,
werden folgende Zeichen geschehen:
In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben;
sie werden in neuen Sprachen reden;
18wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken,
wird es ihnen nicht schaden;
und die Kranken, denen sie die Hände auflegen,
werden gesund werden.
19Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte,
wurde er in den Himmel aufgenommen
und setzte sich zur Rechten Gottes.
20Sie aber zogen aus und verkündeten überall.
Der Herr stand ihnen bei
und bekräftigte das Wort
durch die Zeichen, die es begleiteten.

 

Es ist schon etwas eigenartiges mit dem Himmel. Irgendwie fasziniert er uns Menschen ist er noch immer etwas, wovon wir träumen, wo wir vielleicht gerne sein möchten. In den meisten Fällen verbinden wir mit Himmel etwas für uns Positives. Wir schauen gerne in den Himmel, schauen dem Spiel der Wolken zu, betrachten das funkelnde Licht der Sterne und können in solchen Momenten vergessen, dass wir auf Erden leben, in nicht immer sehr schönen Lebenswelten.

Unsere Träume und unsere Sehnsucht nach dem Himmel sind natürlich auch mitbestimmt durch die religiösen Vorstellungen, durch die Intensität, mit der auch biblisch vom Himmel als Ort Gottes gesprochen wird. Da wo er ist, da müsste es auch gut für den Menschen sein. Vielleicht ist uns deshalb der Himmel so wichtig.

Auch im heutigen Gottesdienst hat der Himmel eine besondere Stellung. In zwei Versionen ist uns heute die Himmelfahrt Jesu geschildert worden, wobei die Version der Apostelgeschichte den Bericht des Markus in der Farbigkeit der Schilderung bei weitem übertrifft. Gemeinsam ist ihnen, dass Jesus vor den Augen der Jüngern nach oben in den Himmel auffährt. Jesu Aufenthaltsort ist nun der Himmel, der Raum über der Erde, dem Menschen der damaligen Zeit unzugänglich. Jesus lebt nun ein einer unerreichbaren Sphäre. Was bleibt ist traurig in diesen Himmel zu schauen, was bleibt ist vielleicht eine Sehnsucht dort zu sein, wo Jesus ist, ohne dass diese Sehnsucht zu Lebzeiten erfüllt werden kann. Erst der Tod scheint die Chance zu bieten ebenfalls an diesen Ort zu gelangen. Aber ist der Himmel über uns wirklich der Ort Jesu?

Wenn man in das Neue Testament schaut, so wird man feststellen, dass nur Lukas und Markus die Himmelfahrt Jesu in diesen Bildern schildern. Die anderen neutestamentlichen Schriftsteller legen auf diese Bilder keinen Wert. Ihnen reicht es von der Erhöhung Jesu zu sprechen, von seinem Leben bei Gott, und zwar endgültig, ohne Einschränkung.

Doch was für uns Heutige viel entscheidender geworden ist hinsichtlich der Bilder, in denen Markus und Lukas die Erhöhung Jesu schildern, ist die Tatsache, dass der Himmel mittlerweile schon von uns erforscht worden ist und wir die Grenzen des für uns sichtbaren Himmels schon längstens überschritten haben, das uns eigentlich der ganze Weltraum offen zustehen scheint und es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis wir uns in diesem Raum, dessen Grenzen wir nicht kennen, frei bewegen werden. In einem so erforschten Raum scheint es keinen Raum zu geben, wo Gott sich zusammen mit seinem Sohn aufhalten könnte, wo vielleicht auch die Verstorbenen sich verbergen könnten. In diesem erforschten Himmel ist kein Platz für Gott und auch nicht für den Menschen nach seinem Tod. Doch wenn der Himmel leer ist, fällt dann nicht auch unser Glaube in sich zusammen?

Doch ist biblisch mit dem Wort Himmel wirklich der vermessbare Raum über uns gemeint, oder führt uns das biblische Wort nicht in die Irre, so dass wir mit unserem Blick nach oben in den Himmel, den eigentlich Ort, wo Gott ist, verfehlen, damit aber auch den Himmel für uns auf Erden verfehlen? Versuchen wir uns doch einmal dem Himmel zu nähern, wie ihn die Bibel mit Absicht zur Sprache bringt.

Für den Menschen der Bibel war seine Erde eine flache Scheibe, auf der er lebte. Über sie war das Firmament gespannt mit seinen Sternen und der Sonne und den Wolken. Darüber war der Himmel, Gottes Wohnort, unerreichbar für den Menschen. Gott thronte über allem. Das Wort vom Himmel drückte die Unnahbarkeit Gottes aus, dokumentierte seine Größe und seinen Anspruch an den Menschen. Inhalt der biblischen Rede vom Himmel als Ort Gottes war deshalb nicht die geographische Angabe, sondern die Betonung der Macht und der Souveränität Gottes.

Schon für die Jünger hatte sich der Begriff des Himmels geändert, denn sie begegneten dem einen Menschen aus Nazareth, in dem der Himmel zu einem Teil der Erde wurde, in dem Gott eben nicht mehr unnahbar, sondern angreifbar für den Menschen wurde. Gott zeigte sich dem Menschen in seiner liebenden Zuwendung zum Menschen. Der Himmel ist eben nicht mehr ein statisches Oben, dass für den Menschen unberührbar ist, sondern der Himmel ist mitten unter den Menschen und zeigt sich im Leben eines Menschen, in seinen Worten und Taten. Erst recht änderte sich der Begriff des Himmels durch die Erhöhung Jesu, durch das, was wir seine Himmelfahrt nennen. Die Erhöhung Jesu ist ja nicht nur bezogen auf den göttlichen Teil seines Lebens, sondern, wie es die Auferstehungsberichte immer wieder betont haben, sie ist bezogen auf den ganzen Jesus, eben auch auf seine Menschlichkeit. Durch die Erhöhung Jesu erhält das Menschliche, erhält der Mensch einen Platz in der Sphäre Gottes, dem Himmel, die Grenzen sind jetzt in beide Richtungen hin fließend geworden. Gott lässt sich in Jesus auf die Erde und die Menschen ein und in der Erhöhung Jesu lässt sich der Mensch auf Gott ein.

Wenn man mit diesem Hintergrund an die Aussagen der Himmelfahrt Jesu herangeht, dann wird deutlich, dass diese Aussagen in der Bildersprache der damaligen Zeit die Besonderheit in der Beziehung zwischen Gott und den Menschen ausdrücken wollen. Mit dem tiefgreifenden Wandel dieser Beziehung durch das Jesu Ereignis hat der Himmel auch für uns eine andere Dimension erhalten. Es ist der Himmel der Beziehung, der sich auf Erden ereignet. Der Himmel ist nicht unerreichbar über uns, sondern der Himmel ist in uns und um uns herum, und zwar da, wo wir uns auf die Beziehung zu Gott einlassen, so wie Jesus gelebt hat. Himmlisch ist mein Leben, wenn ich meine unterschiedlichen Lebenserfahrungen, mein Dasein immer wieder in Beziehung setze zu dem Gott, von dem Jesus gesprochen hat und den er durch sein Leben bezeugt hat.  Der Himmel öffnet sich für uns Menschen da, wo wir Kontakt aufnehmen mit dem Gott Jesu, er öffnet sich da, wo wir das Wagnis einer Liebe eingehen, ohne zu berechnen, was ich in diesem Liebesgeschehen gewinne. Der Himmel wird sichtbar auf Erden, wo ich dem Leid des Menschen nicht ausweiche, wo ich versuche das Leid zu minimieren, wo ich versuche das Leid zu überwinden. Der Himmel wird greifbar, wenn ich das unveränderbare Leid aushalte, mich mit diesem Menschen solidarisiere und daran glaube, dass dieses Leid nicht das letzte Wort für diesen Menschen ist, sondern das letzte Wort Heil ist. Der Himmel auf Erden wir spürbar für uns Menschen, wo ich den Menschen in seiner Begrenztheit wahrnehmen, in seiner Unfähigkeit aus sich selbst heraus einen eigenen Himmel zu schaffen, wo ich aber in dieser Begrenztheit an Gottes Zusage glaube, dass er uns einen neuen Himmel und eine neue Erde geben wird. Der Himmel wird für uns Menschen dann erfahrbar, wenn ich die Depression des Lebens überwinde, wenn ich an eine gestaltbare Zukunft glaube für mich und meine Mitmenschen, wo ich mich aufbäume gegen den Druck des Faktischen, wo ich die Schwierigkeit und das Leiden in der Veränderung des Lebens sehe und dennoch an eine bessere Zukunft glaube und mich ihr entgegenstrecke.

Für uns Menschen kann der Himmel nur bruchstückhaft realisiert werden, nur in Stücken erfahrbar werden. Wir selbst können nicht die Erde zum Himmel machen. Der Himmel ist letztlich Geschenk Gottes. Der Himmel auf Erden wird erst dann sein, wenn jedes Leben sich in der Beziehung zu diesem Gott vollzieht. Mein Leben wird erst himmlisch sein, wenn ich wirklich mit diesem Gott verbunden bin. Für uns bedeutet dies, dass ich erst durch meinen Tod in diesen Himmel kommen werde, dass ich erst in meinem Tod ganz bei Gott sein werde, dass er mir die Gemeinschaft mit sich in meinem Tod schenken wird. Deshalb können wir durchaus sagen, dass die Toten im Himmel sind, denn der Himmel ist Gott und sie sind bei Gott, so wie wir einst im Himmel sein werden, bei Gott sein werden.

Ich wünsche uns viele himmlisch schöne Stunden auf dieser Erde und in unserem jeweiligen Leben. Ich wünsche aber auch unseren Mitmenschen, dass sie durch unser Leben ein Stück Himmel auf Erden erfahren, dass sie die Nähe Gottes zum Menschen und die Nähe des Menschen zu Gott verspüren.

 

Pfarrer Jürgen Weber

 

 

 

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