Die 7 „Ich-bin-Worte“ Jesu im Johannesevangelium sind uns wohl bekannt…
Ich bin das Brot des Lebens (6,35)
Ich bin das Licht der Welt (8,12).
Ich bin die Tür (10,7.9).
Ich bin der gute Hirt (10,11.14).
Ich bin die Auferstehung und das Leben (11,25).
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben (14,6).
Ich bin der wahre Weinstock (15,1).
Sie sind keine Titel, sondern vielmehr Selbstaussagen Jesu über sein missionarisches Sendungsbewusstsein. In eingängigen und damals gut bekannten Bildern wird das Wirken und die Botschaft Jesu beschrieben.
Die Ich-bin-Worte haben ihre Wurzel in der Offenbarungsformel Gottes im Alten Testament: „Ich bin in einer alttestamentlichen Offenbarungsformel, dem „Ich bin der ‚Ich bin da‘“.
Und heute am 5. Sonntag der Osterzeit hören wir das Wort Jesu: „Ich bin der wahre Weinstock“.
Joh 15, 1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer. 2 Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. 3 Ihr seid schon rein kraft des Wortes, das ich zu euch gesagt habe. 4 Bleibt in mir und ich bleibe in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so auch ihr, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen. 6 Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. 8 Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Dieses Bild von den Rebzweigen, dem Weinstock und dem Fruchbringen passt so wunderbar in unsere Jahreszeit.
Im Mai tragen die Rebzweige binnen kürzester Zeit kleine Knospen, die sich dann auch schnell vergrößern. Im Mai brauchen die Weinstöcke besonders viel Zuwendung.
Und wenn wir uns in der Natur umschauen, dann sehen wir eine Fülle an Blüten in den unterschiedlichsten Farben und Formen, wir riechen, wir können Schöpfung in uns aufsaugen.
So eine Pracht. Aber wenn wir Blumen abschneiden und in die Vase stellen, können wir uns nur kurz daran erfreuen. Nach kurzer Zeit verdorren sie. Abgeschnitten heißt dem Tod geweiht.
Und so ein Bild verwendet Jesus, um zu zeigen, wie wir Menschen gut leben können.
Ich kann blühender Zweig sein, der Früchte trägt oder eben ein verdorrter Zweig, den man dann abschneiden muss.
Es geht also darum mit Jesus verbunden zu bleiben – und zwar dauerhaft.
Wie kann das gehen?
Jesus gibt eine Antwort: „Ihr bleibt in mir, wenn meine Worte in euch bleiben.“
Das Wort Gottes muss durch uns in die Welt kommen, im Leben sichtbar werden.
Frère Roger Schutz aus Taizé drückt es so aus: „Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast. Und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es.“
Mein Vertrauen zu Gott und seiner Botschaft soll täglich wachsen. Dazu braucht es viel Geduld mit sich selbst, mit anderen.
Als Rebzweig am Weinstock Jesu müssen wir keine Leistung bringen. Was wichtig ist: bei der Sache bleiben, bei Jesus bleiben, auch mit allen Fragen und Zweifeln. Denn Jesus bleibt auch in uns, zusammen mit ihm können wir Frucht tragen, werden wir zu Menschen, in denen sein Geist lebendig ist.
Die Frage „Bleiben oder Gehen“ stellt sich heute viele Menschen. Bleibe ich Kirchenmitglied bei all den Widersprüchen und Verletzungen, die „von oben“ kommen: Missbrauch in der kath. Kirche und die Aufarbeitung dessen, das Verbot der Segnungen von gleichgeschlechtlichen Beziehungen, die Frauenfrage…
Ich hoffe, dass viele sich zum Bleiben entscheiden,
dass sie spüren, dass nur im Zusammen mit anderen Christinnen und Christen, dass nur im Bleiben in Jesus der Rebzweig blühen kann.
Vielleicht bedeutet das aber auch für den einen oder anderen sich von der hierarchisch geprägten Amtskirche zu verabschieden, um mit dem eigenen Gewissen im Reinen zu sein. Ich verstehe das.
Aber ich bin traurig über jede, die geht, über jeden, der geht. Ich vermisse sie.
Das Bleiben, miteinander verbunden zu sein, kann jede und jeden von uns stärken und motivieren andern von dieser Lebenskraft, die aus dem Weinstock kommt, weiterzugeben – aber auch das Gehen kann notwendig sein und es heißt ja nicht, das diese Lebenskraft aus dem Weinstock nicht mehr fließen würde.....
Wichtig ist: Lassen Sie uns Frucht bringen - jede und jeder an seinem Platz.
Fruchtbringen in bunter Vielfalt |
Ihnen allen einen gesegneten Sonntag
Sabine Hansen, Pastoralreferentin
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