Adventsbesinnung: 21. Dezember
Das Hohelied gehört zu den Büchern des Alten Testamentes, die nur selten in den liturgischen Lesungen vorkommen. Es enthält eine Reihe von Liebesliedern, die ganz aus der reichen Tradition orientalischer Liebes- und Hochzeitslyrik stammen. Schon in vorchristlicher Zeit begann man im Judentum, diese Lieder auf die Liebe zwischen Gott und seinem Volk zu deuten. Diese Deutung wurde im Christentum aufgenommen. Wenn ein solches Lied nun den Gottesdienst am 21. Dezember prägt, soll es die weihnachtliche Sehnsucht nach Christus in den Rahmen dieser großen Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen hineinstellen:
8 Horch! Mein Geliebter! / Sieh da, er kommt. Er springt über die Berge, / hüpft über die Hügel.
9 Der Gazelle gleicht mein Geliebter, / dem jungen Hirsch.
Sieh da, / er steht hinter unserer Mauer,
er blickt durch die Fenster, / späht durch die Gitter.
10 Mein Geliebter hebt an und spricht zu mir: / Steh auf, meine Freundin, / meine Schöne, so komm doch!
11 Denn vorbei ist der Winter, / verrauscht der Regen.
12 Die Blumen erscheinen im Land, / die Zeit zum Singen ist da.
Die Stimme der Turteltaube / ist zu hören in unserem Land.
13 Am Feigenbaum reifen die ersten Früchte, / die blühenden Reben duften.
Steh auf, meine Freundin, / meine Schöne, so komm doch!
14 Meine Taube in den Felsklüften, / im Versteck der Klippe,
dein Gesicht lass mich sehen, / deine Stimme hören!
Denn süß ist deine Stimme, / lieblich dein Gesicht. (Hoheslied 2, 8-14)
"Dieser Gesang feiert, in der freien Natur, eine Wiedergeburt der Natur und der Liebe. So wie die Fruchtbarkeit des Frühlings die Unfruchtbarkeit des Winters überwindet, triumphiert die Liebe über den Egoismus, der uns in uns selbst gefangen hält. So interpretierten die Kirchenväter den Frühling, wie er hier beschrieben wird: "Während des Winters des Götzendienstes wurde die unruhige Natur des Menschen wegen seiner Verehrung der Götzen ebenso starr wie diese [...]. Es ist logisch, dass dies geschehen musste. Diejenigen, die Gott verehren, nehmen Züge der göttlichen Natur an, während diejenigen, die sich der Anbetung nichtiger Götzen hingeben, in das verwandelt werden, was sie anbeten: Sie werden zum Stein der Götzenbilder" (Gregor von Nyssa, In Canticum Canticorum commentarius, 5)."
aus: GAVIGAN, J. ; MCCARTHY, B. ; MCGOVERN, T. (eds.): Psalms and the Song of Solomon, The Navarre Bible. Dublin; New York : Four Courts Press; Scepter Publishers, 2003 (übersetzt mit DeepL)
O-Antiphon vom 21. Dezember:
O Oriens -
O Morgenstern, Glanz des unversehrten Lichtes, der Gerechtigkeit strahlende Sonne:
o komm und erleuchte, die da sitzen in Finsternis und im Schatten des Todes!
M. Wetzel
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